Erfolgreiche Akquise von Probanden
Wie Sie in Ihrer CRO bzw. site neue Studienteilnehmende schneller und effizienter finden und zur Teilnahme motivieren
Rekrutierung von Studienteilnehmern bzw. Probanden
Klinische Studien sind das Rückgrat medizinischer Innovationen. Ob neue Medikamente, diagnostische Verfahren oder Therapiekonzepte – ohne die Teilnahme freiwilliger Proband:innen könnten Wirkungen, Nebenwirkungen und Sicherheit nicht zuverlässig geprüft werden. Die Probandenrekrutierung ist dabei einer der kritischsten und oft zeitintensivsten Schritte. Sie entscheidet nicht nur über den Erfolg einer Studie, sondern beeinflusst auch deren Dauer, Kosten und Aussagekraft.
Entscheidend sind dabei neben Reputation, Expertise und Räumlichkeiten bzw. verfügbarer Diagnostik auch die Kommunikations- und Beratungskompetenz des Studienteams.
Je nach Setting erfolgt die Rekrutierung von Probanden über Kooperations-Netzwerke, durch aktive Ansprache (meistens datenbankgesteuert) oder in Form von Kalt-Akquise auch in Form von Werbung (klassisch oder social media).
Früher fand das Recruitment für klinische Studien noch nahezu ausschließlich in Tageszeitungen und anderen Printmedien statt, häufig recht „amtlich“ anmutend wie eine Bekanntmachung. Dieses klassische Anzeigenmarketing wurde dann m Lauf der Zeit mutiger, frecher und stärker mit Bildern, Überschriften, prominenteren Platzierungen, und Gamification (z.B. Kreuzworträtsel) modernisiert. Dann folgte die Phase der immer stärkeren Online-Vermarktung und der Aufbau großer Interessentendatenbanken wie „Studienteilnehmer gesucht“ (power media).
Was geblieben ist: Egal, über welche Kanäle Interessenten angesprochen werden. In fast allen Studien erfolgt ein direkter menschlicher Kontakt, in dem ein Vertreter des Studienteams informieren und überzeugen muss, um einen freiwillig teilnehmenden Probanden davon zu überzeugen, mit dabei zu sein. Da kommt es also auf die richtige Argumentation, Kommunikation und Beratungsstrategie an. Natürlich erleichtert bei verschiedenen Studien die Aufwandsentschädigung, aber auch andere nicht-pekuniäre Gründe sollten betont werden.
Zielgruppen und Studienarten
Die Art der Probanden hängt von der Studienphase und der Forschungsfrage ab:
- Gesunde Freiwillige – häufig in Phase-I-Studien eingesetzt, um Verträglichkeit und Pharmakokinetik zu untersuchen.
- Patient:innen mit einer spezifischen Erkrankung – z. B. Typ-2-Diabetes, Herzinsuffizienz oder seltene genetische Erkrankungen.
- Sondergruppen – Kinder, ältere Menschen, Schwangere, Menschen mit Begleiterkrankungen oder spezielle ethnische Gruppen, sofern medizinisch relevant.
Jede Zielgruppe bringt eigene ethische, rechtliche und organisatorische Anforderungen mit sich.
Es gibt verschiedene Kategorien von Selektivverträgen, von denen wir die wichtigsten mit Beispielen ergänzt hier vorstellen möchten:
Rekrutierungswege
a) Datenbanken & Register
Viele Studienzentren pflegen interne Probandendatenbanken mit Personen, die sich zur Teilnahme bereiterklärt haben.
Nationale Register (z. B. Deutsches Register Klinischer Studien, DRKS) oder patientenspezifische Plattformen erleichtern die Suche.
b) Ärztliche Netzwerke
Fachärzt:innen können geeignete Patient:innen aus ihrer Praxis ansprechen.
Vorteil: Vertrauen zwischen Arzt und Patient beschleunigt die Entscheidung.
c) Öffentliche Werbung
Printanzeigen, Radiospots, Plakate, Social-Media-Kampagnen.
Muss stets mit Ethikkommission und ggf. Bundesoberbehörden abgestimmt werden.
d) Online-Plattformen
Spezialisierte Websites vermitteln zwischen Interessierten und Studienzentren.
Beispiele: klinische-studien.de, trialbee.com.
e) Kooperation mit Selbsthilfegruppen
Direkter Zugang zu motivierten Zielgruppen.
Besonders wirksam bei seltenen Erkrankungen.
Rahmenbedingungen und Vorgaben (Ethikkommission & Co)
- Einwilligung nach Aufklärung (Informed Consent): Proband:innen müssen alle relevanten Informationen verständlich erhalten und schriftlich einwilligen.
- Ethikkommission: Jede Rekrutierungsmaßnahme und Studienteilnahme muss von einer unabhängigen Ethikkommission geprüft werden.
- Datenschutz (DSGVO): Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten darf nur zweckgebunden und gesichert erfolgen.
- Transparenz: Keine irreführenden Versprechungen zu Nutzen oder Risiken.
Herausforderungen
-
Enger Zeitplan: Studien haben oft fixe Zeitfenster für die Rekrutierung.
-
Strenge Ein- und Ausschlusskriterien: Viele Interessenten scheiden nach dem Screening aus.
-
Motivation & Bindung: Teilnehmer müssen nicht nur gewonnen, sondern auch bis zum Studienende gehalten werden.
-
Konkurrenz: Mehrere Studien im gleichen Indikationsbereich können um dieselbe Patientengruppe werben.
10 Tipps bei nahendem Rekrutierungssende
1. Screening-Kriterien priorisieren
Überprüfe, ob nicht-essentielle Ausschlusskriterien gestrichen oder gelockert werden können (natürlich nur nach Genehmigung der Ethikkommission).
Ziel: Weniger Interessenten fallen im Screening durch.
2. Bestehende Kontakte reaktivieren
Nutze die eigene Probandendatenbank: Filtere gezielt Personen, die in der Vergangenheit teilgenommen oder Interesse bekundet haben.
Sende gezielte Follow-up-Mails oder rufe persönlich an.
3. Ärztliche Partner aktivieren
Bitte Haus- und Fachärzte im Netzwerk, gezielt passende Patient:innen anzusprechen.
Biete Informationsmaterial und vereinfachte Überweisungswege an.
4. Social Media kurzfristig pushen
Starte gezielte Facebook- oder Instagram-Kampagnen mit Standortfilter.
Vorteil: Sofortige Sichtbarkeit bei relevanter Zielgruppe.
5. Öffentliche Kanäle kurzfristig nutzen
Aushänge in Apotheken, Physiopraxen, Fitnessstudios oder Selbsthilfegruppen.
Lokale Presse (Online-News, Wochenblätter) um Kurzberichte oder Aufrufe bitten.
6. Termine flexibel gestalten
Abend- und Wochenendtermine anbieten.
Falls möglich: mobile Visiten oder Heimtermine durch Studienteam.
7. Schnelles Pre-Screening am Telefon
Minimiert unnötige Anfahrten und beschleunigt die Qualifizierung.
Halte Checkliste mit K.-o.-Kriterien bereit.
8. Anreize transparent kommunizieren
Klar und ehrlich sagen, welche Aufwandsentschädigung, Reisekostenerstattung oder Gesundheitschecks geboten werden.
Vorteil: Interessenten können schneller entscheiden.
9. Interne All-Hands-Aktion
Das gesamte Team (auch Verwaltung, Labor, Pflegepersonal) wird gebrieft, mögliche Kontakte im privaten Umfeld anzusprechen.
Einheitliche Kurzbeschreibung der Studie bereithalten.
10. Laufende Teilnehmerbindung sichern
Verhindere Abbrüche bei bestehenden Proband:innen: Erinnerungen, schnelle Terminbestätigungen, kurze Wartezeiten.
Jeder Abbruch am Ende der Studie ist besonders kritisch.
Perspektivwechsel: Sponsorenperspektive und Studien-KPI
Für Sponsoren (also Pharmafirmen, Unternehmen oder Organisationen, die eine klinische Studie initiieren, finanzieren und verantworten) gibt es eine ganze Reihe von geläufigen Fachbegriffen, die in der Studienplanung, Durchführung und Auswertung zentral sind.
1. Studienstart & Planung:
FPI – First Patient In: Zeitpunkt, an dem der erste Proband eingeschlossen wird ==> dieser Zeitpunkt wird durch eine professionelle Rekrutierung schneller erreicht
Site Initiation Visit (SIV): Erster Besuch des Monitors im Studienzentrum, um das Team zu schulen und Materialien zu übergeben.
Trial Master File (TMF): Zentrales Archiv aller studienrelevanten Dokumente – verpflichtend und auditierbar.
Investigator Meeting (IM): Treffen aller Prüfärzte vor Studienstart zur Abstimmung und Schulung.
Regulatory Submission: Einreichung des Studienprotokolls bei Ethikkommission und Behörden.
2. Laufende Studie:
Enrollment Rate: Rekrutierungsrate (Teilnehmer pro Zeiteinheit) – wichtig für Zeitplanung und Budget.
Monitoring Visit (MV): Regelmäßige Kontrolle der Datenqualität und GCP-Compliance im Zentrum.
Interim Analysis: Zwischenanalyse der Daten – oft vorab im Protokoll definiert, kann zu Änderungen oder Abbruch führen.
Serious Adverse Event (SAE): Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis – muss innerhalb festgelegter Fristen an Sponsor und Behörde gemeldet werden.
Protocol Deviation/Violation: Abweichung vom Studienprotokoll – relevant für Datenqualität und Compliance.
3. Abschlussphase:
LPI / LSFV: Letzter Patient aufgenommen / letzte erste Visite ==> das hängt zum einen vom Rekruiting ab, aber dann auch sehr stark von der Ablauforganisation bzw. Kapazität des Studienzentrums.
LPLV / LSLV / LPO: Letzter Patient letzte Visite / letzter Patient fertig.
Database Lock (DBL): Sperrung der Datenbank, keine Änderungen mehr möglich.
Clinical Study Report (CSR): Vollständiger Abschlussbericht nach ICH E3-Richtlinien.
Close-out Visit (COV): Letzter Besuch des Monitors im Studienzentrum zur Archivierung und formalen Schließung.
4. Ergebnisverwertung & Nachverfolgung:
Publication Plan: Strategie für Fachartikel, Kongresspräsentationen, Abstracts.
Post-Marketing Surveillance (PMS): Beobachtungsstudien nach Markteinführung zur Langzeitsicherheit.
Investigator’s Brochure (IB): Zentrale Informationsquelle für Prüfärzte, wird auch nach Studienende aktualisiert.
Regulatory Submission Dossier: Gesamte Dokumentation für Zulassungsantrag bei EMA/FDA.
Sponsor-spezifisch wichtig sind vor allem Meilensteine (FPI, LPI, LPLV, DBL), Compliance-Aspekte (SAE-Management, Monitoring, Audit) und die formalen Abschlussdokumente (CSR, TMF, Submission).
Diese Begriffe bilden den „roten Faden“ in jedem Projektstatus-Meeting zwischen Sponsor, CRO und Prüfzentrum.
Erfolgsstrategien bei Rekrutierung stark von soft skills abhängig
-
Frühe Planung – Rekrutierungsstrategie sollte bereits in der Studienkonzeption feststehen.
-
Gezieltes Targeting – klare Definition der Zielgruppe und Auswahl der passenden Kanäle. Optimalerweise strukturierter Aufbau einer eigenen Datenbank bzw. Zukauf entsprechender Daten.
-
Patientenzentrierte Kommunikation – leicht verständliche Sprache, transparente Darstellung von Ablauf, Nutzen und Risiken sowie Nutzung von wirksamen Verkaufsstrategien zur seriösen Überzeugung,
-
Digitale Tools – Online-Screening-Formulare, automatisierte Erinnerungen und personalisierte Nachverfolgung.
-
Teilnehmerfreundliche Studiengestaltung – Minimierung von Anfahrtswegen, flexible Terminplanung, angemessene Aufwandsentschädigung.
Probandenrekrutierung ist mehr als nur Werbung – sie ist ein sensibler Balanceakt zwischen wissenschaftlicher Präzision, ethischer Verantwortung und effizientem Projektmanagement.
Erfolgreiche Studienzentren kombinieren klassische Rekrutierungswege mit innovativen, digital gestützten Strategien und setzen auf transparente, wertschätzende Kommunikation. So wird gewährleistet, dass genügend passende Teilnehmer:innen gefunden werden, um medizinische Forschung sicher, zügig und aussagekräftig voranzubringen.
Unsere Seminare für Ihr Institut bzw. CRO: Schon ab 1 Tag direkt bei Ihnen vor Ort
Speziell für Contract Research Organizations (CRO) und für wissenschaftliche Forschungseinrichtungen haben wir ein Workshop-Konzept entwickelt, in dem die Ansprache von Probanden gelernt und eingeübt wird. Durch Nutzung langjährig erfolgreich bewährter Verkaufsstrategien und Adaptierung dieser Skills auf den Kontext Rekrutierung von Studienteilnehmenden ermöglichen wir Ihrem Team eine praxisnahe Schulung mit inhaltlichem Tiefgang. Das klappt am besten stark individualisiert und abhängig vom genauen Setting. Nehmen Sie bei Interesse bitte individuell Kontakt mit uns auf.